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Nicht nur beim Schach lernt in Dahme der Enkel vom Opa

29. Juli 2005

Im idyllischen Hof des Dahmer Seminars für kirchlichen Dienst springt die fünfjährige Lisbeth auf dem Trampolin. «So hoch komme ich» , ruft sie stolz ihrer neunjährigen Schwester Agnes zu. Nebenan haben es sich ältere und Jüngere um das Freiluft-Schachbrett bequem gemacht. Eine Partie von Rainer Jahns gegen seinen Enkel geht eben zu Ende. Es ist Mittagspause bei der Familiensingwoche.

presse11Rainer Jahns (r.) kommt seit 30 Jahren zur Familiensingwoche nach Dahme. Er bringt auch die Kinder und Enkel mit. Die lernen vom Senior nicht nur die Liebe zur Musik, sondern auch die Kniffe beim Schach. Knapp 60 Teilnehmer aus Berlin und Brandenburg haben sich für eine Woche im Dahmer Seminar zusammengefunden, um miteinander zu musizieren und die Gemeinschaft Gleichgesinnter zu pflegen. Am Sonntag werden sie das Ergebnis ihrer Probenarbeit bei einem Konzert in der Hauptkirche St. Marien vorstellen. «Unser ältester Teilnehmer ist 55 Jahre, unser Jüngster, der Franz, ist sechs Monate alt. Er kann noch nicht mitsingen, aber er wird hineinwachsen, wie so viele vor ihm» , sagt Lothar Kirchbaum. Der Landessingwart der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburgs leitet die Probenwoche. Er weiß: Die meisten Teilnehmer seien «Wiederholungstäter» . Wer einmal mitgemacht habe, der komme wieder. Rainer Jahns ist seit 30 Jahren dabei. «Die Singwoche in Dahme hat ihren festen Platz in meinem Kalender» , berichtet der Maurermeister aus Ber nau. Kollegen würden zwar abwinken, wenn er von seinem Urlaubsziel erzählt. «Die lassen sich lieber irgendwo faul den Bauch bräunen, doch für mich wäre das nichts» , sagt Jahns, der im Chor singt und Trompete spielt. Noch als 14-Jähriger sei er ein echter Rabauke gewesen, erinnert er sich. Mit der Kirche hätte er damals nichts am Hut gehabt. Durch einen Freund der Familie sei er zur Jungen Gemeinde und zur Musik gekommen. «Das hat mich verändert. Die Musik entspannt, und sie gibt Erfolgserlebnisse» , erklärt Jahns. Was er selbst erfahren habe, wolle er der jungen Generation weitergeben. Nach Dahme hat er neben seiner Frau zwei seiner erwachsenen Kinder mit deren Partnern und zwei Enkel mitgebracht. Sabine Eigenwillig, Ärztin aus Berlin, ist mit ihrem Mann und den drei Kindern Agnes, Lisbeth und Linus angereist. «Als Kind war ich mit meinen Eltern dabei, jetzt komme ich schon im siebenten Jahr mit der eigenen Familie» , erzählt sie und blickt zurück. Dabei sei ihr wichtig: «dass meine Kinder hier erleben, wie schön es ist, etwas gemeinsam zu tun» . Vormittags stehen Chorproben auf dem Programm. Lothar Kirchbaum hat, wie er betont, das Programm so zusammen gestellt, dass jeder sich einbringen könne – Klein und Groß, Menschen mit unterschiedlicher Vorbildung. Es gibt einen Kinderchor und einen für die Erwachsenen. Nach einer längeren Mittagspause treffen sich am Nachmittag Instrumentalgruppen zum Probieren.

Celloklänge in der Pause

Sabine Eigenwilligs Tochter Agnes hat selbst in der Pause ihr Cello nicht in die Ecke gestellt. Als Stress empfinde sie das nicht, sagt die Neunjährige. Schon beim Hausmusikabend heute wolle sie den anderen gern zeigen, was sie kann. Der Zeuthener Christian Ukasch erklärt: Die Hausmusik gehöre zu den festen Ritualen der Dahmer Singwochenabende, ebenso wie Spiele, Tänze und Geschichten. Er erinnert sich: «Im letzten Jahr habe ich dabei mit meiner Gitarre einige Leute bei ihren Gospels begleitet. So entsteht schnell Kontakt. Es gibt bei uns keine Cliquen.» Während der Vater noch redet, ist Sohn Friedemann (9) schon ungeduldig. Das Wetter ist toll, und er will während der Freizeit ins Schwimmbad. Die Kinder von Sabine Eigenwillig zieht es hingegen oft in den nahen Tierpark. Lisbeth hat sofort bemerkt: «Der Rabe Jakob hat ein neues Haus.» Langweilig sei es nicht, darin ist sich der Singwochen-Nachwuchs einig. «Ich freue mich immer schon darauf, Freunde aus den vergangenen Jahren wiederzusehen» , begründet Agnes, warum sie stets Lust aufs Mitfahren habe.

Den Staffelstab übernommen

Im Jahr 1957 hatte der Dahmenser Volker Ochs die Singwochen in der Evangelischen Landeskirche ins Leben gerufen, nachdem er Landessingwart geworden war. Lothar Kirchbaum war 17 gewesen, als er das erste Mal teilgenommen hatte. «Seither habe er keine Singwoche versäumt, habe später Volker Ochs bei der musikalischen Leitung unterstützt» , weiß er noch gut. 1994 hatte er dann von seinem einstigen Lehrer den Staffelstab übernommen.

Info zum Thema Konzert am Sonntag

Das Abschlusskonzert der jährlichen Familiensingwoche beginnt am Sonntag um 19.30 Uhr in der Hauptkirche St. Marien. Dabei erleben die Kinderchorkantante «Petrus auf dem Wasser» von Uwe Krause und eine Messe von Lothar Kirchbaum ihre Uraufführung. Die Zuhörer erwarte nichts Exotisches, sondern gut hörbare Musik, betont Kirchbaum, der auf viele Gäste hofft. Der Eintritt zum Konzert ist frei.

Von Carmen Berg - erschienen in der Lausitzer Rundschau am 29.07.2005