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Ein liebevolles Ohr...

16. Oktober 2018

Nachruf auf KMD Volker Ochs (⁕ 11.01.1929 - † 16.10.2018 )

Nach einer Gemeindesingstunde steht Volker Ochs am Ausgang und verabschiedet die Gemeindeglieder. Eine alte Dame schaut ihn dabei an und sagt: “Ist das für sie nicht schwer zu ertragen? Als Musiker müssen sie doch leiden, wenn sie unsere alten, brüchigen Stimmen anhören müssen!“ Volker Ochs antwortet etwas verlegen (was sagt man denn auf eine solche offene Meinung?): „Ach, wissen sie, dafür hat man ja zwei Ohren.“ Nach kurzem Überlegen schaut die Frau treuherzig auf und entgegnet: „Oh, ich verstehe: ein kritisches und ein liebevolles Ohr.“

Volker Ochs (*11.01.1929 - † 16.10.2018 )

Diese Antwort, so versicherte Volker Ochs, habe er sein Leben lang nicht vergessen. Mit liebevollen Ohren hat er stets auf die Re-sonanz gehört, die von ihm angezetteltes, angestimmtes und angeleitetes Singen hervorbrachte. Ob fromm oder gesellig, ob mit Gross oder Klein, mit Jung oder Alt, ob es sich um ein einstimmiges Lied, einen Kanon, eine Motette oder ein großes Oratorium handelte, stets hat er als charismatischer Singmeister und Chorleiter der versammelten Runde zu schwungvollem Klang und klangvollem Schwung verholfen. Nicht immer hat er es erfahren, wenn er mit seinem Singen Sinne erfreut, Herzen getröstet oder gar Seelen geheilt hat. Unzählig die Menschen für die und mit denen er im Laufe seines Lebens gesungen und musiziert hat. Darunter eine große Anzahl, die inzwischen selbst die Laufbahn eines Berufsmusikers eingeschlagen hat.

1947 – 1951 studierte Volker Ochs an der evangelischen Kirchenmusikschule in Halle/Saale bei Kurt Fiebig (Chorleitung) und Gerhard Bremsteller (Orgel). 1949 führte er seine erste Singwoche durch und begegnete in diesem Zusammenhang Alfred Stier, dem Landessingwart von Sachsen-Anhalt, dem „Vater“ der evangelischen Singwochen. 1951 wurde Volker Ochs Dozent für Kirchenmusik am Seminar für kirchliche Dienste in Dahme/Mark. 1956 wurde er in das neu geschaffene Amt des Landessingwarts der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg berufen, das er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1994 innehatte. Seine Aufgabe bestand darin, in den Kirchgemeinden mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu singen und zu musizieren sowie Chorleiter und Organisten auszubilden. So reiste er innerhalb eines Jahres an den Wochenenden mit dem Fahrrad und der Bahn tausende Kilometer in Brandenburger Gemeinden umher. 1964 wurde er ehrenamtlicher Obmann des Evangelischen Kirchenchorwerkes Brandenburg, 1974 Vorsitzender der Konferenz der Evangelischen Chorwerke in der DDR und 1991 Vizepräsident des Verbandes evangelischer Kirchenchöre Deutschlands. Seit 1971 war er leitender Dozent der „Qualifizierung für musik- und bewegungstherapeutische Förderarbeit bei geistig Behinderten“ des Diakonischen Werkes der EKD. 1973 übernahm Volker Ochs den Vorsitz des Gesangbuchausschusses der Evangelischen Kirche der Union und wurde so Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut und des 1978 berufenen Gesangbuchausschusses Ost, der in Zusammenarbeit mit dem Gesangbuchausschuss West das Evangelische Gesangbuch (EG) erarbeitet hat. Neben seiner eigenen kompositorischen Tätigkeit betreute Volker Ochs auch diverse Veröffentlichungen von Chorbüchern als Herausgeber im Auftrag des Chorverbandes.

Ein liebevolles Ohr.....

Es lauscht nun den englischen Klängen der Himmelsmusik; oft ist in diesem Zusammenhang von Harfen die Rede, welche ja auch in der Partitur des DEUTSCHEN REQUIEMS von Johannes Brahms eine wichtige Rolle spielen. Die Aufführung dieser großartigen Musik durch die Herbstsingwoche am 18.10.1986 in der Eberswalder Maria-Magdalenen-Kirche unter seiner Leitung gehörte gewiss zu den Sternstunden des Musikers Volker Ochs, des singenden Spielmanns Gottes, der nun alle irdischen Instrumente aus der Hand gelegt hat.

„Die Erlöseten des HERRN werden wiederkommen und gen Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird weg müssen.“

Mit diesem Jesaja-Zitat aus dem DEUTSCHEN REQUIEM geben wir Volker Ochs bis zum Wiedersehen dankbar her.

Lothar Kirchbaum